Die Schweiz ist bekannt für Präzision und Genauigkeit, so auch bei ihren Landkarten. Der Wunsch das Land mit all seinen schneebedeckten Gipfel und unzugänglichen und verborgenen Ecken detailliert zu vermessen und abzubilden liegt nahe. Seit 1838 gibt es in Genf das Eidgenössische Topografische Bureau zur Landesvermessung, heute Swisstopo genannt. Aber auch schon davor spielte das Erstellen von Karten jeglicher Art eine wichtige Rolle. Wir haben uns einige ganz besondere Karten in der Geschichte der schweizer Kartografie angeschaut.
1. Dufourkarte (1845-1865)
Den Anfang macht eine der wohl bedeutendsten Karten der Schweiz, die dem Land den Ruf der exzellenten Kartographie bescherte: Die Dufour Karte. Unter der Leitung des General und Kartografen Guillaume Henri Dufour wurde ab 1838 im Eidgenössischen Topografischen Bureau in Genf das erste amtliche Kartenwerk mit topografischen Karten der Schweiz im Maßstab 1:100’000 erarbeitet.
Auf insgesamt 25 Kartenblättern wurde das Land erstmals mit der Methode der Triangulation, das heißt mit einem System von Dreiecken, geometrisch korrekt vermessen und abgebildet. Besonders beeindruckend ist die detaillierte, plastische Darstellung der Alpen. Diese spezielle verwendete Schraffier-Technik für die Felsdarstellung ist deshalb unter dem Namen “Schweizer Manier” bekannt. Zwischen den Jahren 1845 und 1865 druckte man knapp 1.000 Exemplare der Dufourkarte als Kupferstich. Bis zu der Vermessung der Alpen durch Dufour war lange Zeit nicht klar, welcher Gipfel der höchste Punkt des Landes war. Um 1860 wurde dann der Westgipfel des bis dato unter dem Namen Gornerhorn bekannten Bergs als höchster Punkt der Schweiz bestimmt. Allerdings gab es Unstimmigkeiten, wie der Berg denn genau hieße, weshalb er auf der Dufourkarte zunächst ohne Namen und nur als “höchste Spitze” Eintrag fand. Relativ schnell war man sich jedoch einig, dass man ihn zu Ehren Dufours zu Dufourspitze umbenennen wolle. Dufour war neben seiner kartografischen Tätigkeiten zudem Mitbegründer des Roten Kreuzes, weshalb der namenlose Ostgipfel im Jahr 2014 in Erinnerung an seinen Gründerkollegen Henri Dunant in Dunantspitze umgetauft wurde.
Selbstverständlich wird auf Grund von neuen Messtechniken und Methoden das Kartenwerk stetig verändert und erweitert, dennoch ist die Dufourkarte von unermesslicher Wichtigkeit. Nicht nur legt sie einen Grundstein, sondern spiegelt auch die Entwicklung der Landschaft von damals bis heute wider, weshalb die Karte als nationales Symbol im Landesmuseum Zürich und im Parlamentsgebäude in Bern ausgestellt wird.
2. Wintersportkarte der Schweiz von Kümmerly & Frey (1935)
Nicht nur von MarmotaMaps gibt es eine Karte aller Skigebiete der Alpen, sondern auch schon der Landkartenverleger Kümmerly & Frey aus Bern veröffentlichte um 1935 eine Landkarte, in der versucht wurde, die Winterkurorte und Skigebiete der Schweiz abzubilden.
Die Karte ist leider nicht so allumfassend wie vermutlich beabsichtigt und etwas unübersichtlich. Informationen zu einigen Kantonen wie dem Tessin, Wallis und Uri fehlen und die Symbole und Piktogramme der Karte sind uneinheitlich. In den 1930er Jahren profitierte der Alpintourismus besonders von Großbritannien, weshalb es interessant ist, dass Kümmerly & Frey die Karte über Skiresorts lediglich auf deutsch und französisch verlegten.
3. Relief des Berner Oberlandes (1886-1913)
Ob bei Google Maps oder bei den Landeskarten von Swisstopo, die topografische Ansicht lässt sich bei modernen Karten auch als digitales detailliertes 3D Modell aufrufen, durch welches sich interaktiv bewegt werden kann. Die Vision eines analogen plastischen Modells hatte unteranderem auch der für das Eidgenössische Topografische Bureau arbeitende Schweizer Topograph Simon Simon vor über hundert Jahren. Nach dem er bereits mehrere kleinere Modell gebaut hatte, widmete er sich ab 1886 für die nächsten 27 Jahre seinem Mega-Projekt, dem geometrisch exakten Nachbau des Relief des Berner Oberlandes.
Das daraus entstandene 25 m² große 12-teilige Landschaftsmodell ist das größte, das je in der Schweiz hergestellt wurde. Es misst sage und schreibe 5,30 m x 4,80 m und wurde nach der Vorlage der zu dieser Zeit aktuellsten Karten aus Gips modelliert. Von diesem Urmodell machte Simon Simon vermutlich vier Abgüsse, welche teils naturgetreu bemalt wurden. Einer dieser Abgüsse befindet sich im Schweizer Alpinen Museum in Bern. Für viele Menschen war das Relief Anfang des 20. Jahrhunderts ein atemberaubender Anblick, denn es ermöglichte der breiten Masse das erste Mal die Berge in naturgetreuer Ansicht von oben zu sehen. Das Original Relief wäre jedoch beinahe in den 1970er Jahren aufgrund von zu wenig Lagerraum entsorgt worden, doch wurde dann zerteilt und an verschieden Interessent*innen übergeben. Mittlerweile ist das original Relief restauriert und weiß gespritzt.
4. Höhlenplan vom Hölloch (2000)
Nicht nur eine kartografische Darstellungen des Höhenprofils, sondern auch die der Tiefen ist von Bedeutung. So widmen wir uns als nächstes dem Luftbild- und Profilsplan des Höllochs, der im Rahmen der Höllochforschungen unter der Leitung von Felix Ziegler im Jahr 2000 veröffentlicht wurde.
Das Hölloch ist ein gigantisches Höhlensystem, das sich über 200 km unter dem Muotatal im Kanton Schwyz, östlich Luzerns entlang schlängelt. Seit den ersten Erforschungen Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt man bis heute immer wieder neue Gänge in der aus drei Ebenen bestehenden Höhle. Dennoch gilt das zweitlängste Höhlensystems Europas als sehr gut erforscht. Sprich die Länge und Neigung der Gänge wird seit Jahrzehnten aufwändig vermessen und kartografiert. Der detaillierte Plan Zieglers bringt alle Informationen übersichtlich zusammen und unterteilt die drei Hauptteile des Höhlensystems farblich. Seit Veröffentlichung wurden immer wieder neue Gänge vermessen und die Karte korrigiert.
5. Geologisches Profil des Simplon (1891)
Wir bleiben unterirdisch und zwar bei Hans Schardt’s Abbildung des geologischen Querschnitts des Simplon – eine Karte die eng mit dem Bau des Simplontunnels, dem bis in die 1970er Jahre längsten Gebirstunnels der Welt, verbunden ist. Mehr zu dem Tunnelbau in den Alpen findest du in unserem anderen Blogpost hier.
Der Schweizer Geologe Hans Schardt beschäftigte sich in seiner Arbeit mit der Erforschung der Gesteinsschichten der Voralpen. Er war wesentlicher Vertreter der Deckentheorie, dass heißt der Erkenntnis, dass sich die Voralpen durch Überschiebung Gesteinsschichten verschiedenen Alters gebildet haben. Durch sein geologisches Wissen wurde Schardt als Berater bei verschiedenen Bauwerken eingesetzt. Für den Tunnelbau benötigte man seine Expertise, um zu wissen welche Gesteinsschicht wann bei den Bohrungen zu erwarten ist. Mit simplen Mitteln, einem Hammer und Notizbuch untersuchte Schardt das Gestein des Simplon. Er versuchte sich vorzustellen wie die Schichten durch die Alpenfaltung verteilt sind. Daraus fertigte er dieses geologische Profil an.
6. Kataster der belasteten Standorte (KBS) im Aargau
Eine besonders wichtige Maßnahmen zum Umweltschutz ist es die Schadstoffbelastung in der Natur so stark wie möglich zu verringern. Hierzu gehört es auch die bereits mit Sondermüll und Schadstoffen belastete Orte, wie beispielsweise alte Sondermülldeponien zu erfassen, zu untersuchen, zu überwachen und endgültig zu sanieren. Denn die giftigen Substanzen gefährden die Natur, den Mensch und besonders häufig das Grundwasser. Gute Nachricht ist: die Sanierungen der drei großen Sondermülldeponien in Monthey, Bonfol und Kölliken sind bereits abgeschlossen.
In der Schweiz arbeitet der Bund eng mit den Kantonen zusammen, um alle belasteten Standorte in sogenannten Katastern zu dokumentieren. Der Kanton Aargau wurde für die kartografische Darstellung, welche im geografischen Informationssystems AGIS abrufbar ist, mehrfach ausgezeichnet.
Drei verschieden Arten von belasteten Standorten – dazu gehören Deponien, Betriebe und Unfallstandorte – können entweder als Luftbild oder auf topografische Karte angezeigt werden. Nicht nur die Lage, sondern auch die Art und Menge der Schadstoffe oder der Unfallszeitpunkt und die bereits durchgeführten entgegenwirkenden Maßnahmen sind von insgesamt 2.500 Standorten auf der Karte verzeichnet. Die Karte entnimmt ihre Quellen überwiegend aus vorhandenen Akten und Aufzeichnungen und besitzt kein Anspruch auf komplette Vollständigkeit. So können zum Beispiel keine Daten für Standorte der Bahn, der Luftfahrt oder dem Militär erhoben werden.
7. Merians Topographia Germaniae (ab 1642)
Einer der wohl bekanntesten Kartografen der Schweiz ist Matthäus Merian, der mit seinem Hauptwerk der Topographia Germaniae (ab 1642) einen wichtigen kulturhistorischen Beitrag leistete. In 16 Bänden illustrierte er unzählige europäische Städte, Ortschaften, Schlösser, Burgen und Gebiete als Radierungen oder Kupferstiche.
Nach seinem Tod wurde dieses Meisterwerk auf 30 Bände erweitert. Das macht es es zu einem der größten Verlagswerke der Barockzeit. Merians detaillierte Zeichnungen sind perspektivisch hervorragend, so auch beispielsweise die Vogelschaukarte seiner Geburtsstadt Basel aus Band 1.
Oftmals sind die geografischen Illustrationen und Karten die ersten zuverlässig dokumentierten Ansichten mancher Orte. An Merians Wichtigkeit und Einfluss in Bezug auf die Dokumentation Europas wird auch durch die Namensgebung der bekannten Reisezeitschrift Merian-Magazin erinnert.
Noch viel mehr Wissenswertes über die Schweiz und vor allem über die Alpen findet ihr in unserem Alpenbuch.