Die berühmtesten Eisenbahnstrecken der Alpen

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wandelte die Eisenbahn die Alpen und deren Infrastruktur grundlegend. Zwar gab es schon seit Jahrhunderten Passstraßen aber noch nie konnte das Gebirge so schnell gequert werden wie durch den Schienenverkehr. Im Zuge der Industrialisierung trug die Eisenbahn maßgeblich zur wirtschaftlichen und demographischen Erschließung des Alpenraums bei. Hier ein historischer Überblick und die wichtigsten Eisenbahnstrecken der Alpennationen im Portrait!

Die ersten Eisenbahnlinien verbanden zunächst Orte am Alpenrand mit dem Hinterland. Aber mit dem Vormarsch der Eisenbahn im Laufe des 19. Jahrhunderts, kam schnell das Bestreben die schwierigen Gebiete der Alpen in Ost-West und Nord-Süd Richtung zu verbinden. Besonders die Nord-Süd Strecken waren von Interesse, da hierdurch eine Verbindung von den industriellen Zentren zu den Mittelmeerhäfen geschaffen wurde. Mit der Semmeringbahn in Österreich eröffnete 1854 die erste Hochgebirgsbahn der Welt. Der Ausbau in der Schweiz folgte etwas später, was jedoch nicht verhinderte, dass sie heute eines der dichtesten Schienennetze besitzt und eins der Bahnländer schlecht hin ist. 

Besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert ging mit dem technischen Fortschritt der Wunsch einher, die Bahnstrecken weiter auszubauen und zu verkürzen. So errichtete man zunehmend Tunnel. Einen Überblick über die wichtigsten Alpentunnel geben wir dir hier in unserem anderen Blogpost. Aufgrund der günstig verfügbaren Wasserkraft wurden viele Alpenbahnen recht früh elektrifiziert. Der Trend das Bahnnetz auszubauen und den wirtschaftlichen Anforderungen anzupassen, hält bis heute an. Großes Anliegen ist es insbesondere im 21. Jahrhundert aus Umweltgründen den gesteigerten Straßenverkehr wieder zurück auf die Schienen zu verlegen. Die Schweiz verfolgt hierfür das Großprojekt NEAT (Neue Eisenbahn-Alpentransversale) in dessen Rahmen neue Basistunnel und somit verkürzte Bahnstrecken entstehen. 


Diese und noch mehr Wanderwege findet ihr auf unser Alpenkarte mit 1001 Bergen und Wanderwegen

Semmeringbahn

  • Land: Österreich / Italien
  • Eröffnung: 1854
  • Länge: 42 km
  • Max. Höhe: 898 m
  • Max. Steigung: 28‰

Als Teil der österreichischen Südbahn von Wien nach Triest wurde die Semmeringbahn als erste Hochgebirgsbahn im Jahr 1854 eröffnet. Der Abschnitt schlängelt sich 42 km an den steilen Berghängen entlang und passiert dabei über ein dutzend Tunnel und Viadukte sowie etliche Brücken. Die Steigung beträgt bis zu 28 ‰. Der Ingenieur Carl von Ghega konzipierte die Bahnstrecke und übernahm die Bauleitung. In nur sechs Jahren wurde die Bahn gebaut. Es war eine unglaubliche technische Leistung der damaligen Zeit, weshalb die Semmeringbahn 1998 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurde. Aufgrund der starken Steigung der Strecke war es damals eine weitere Herausforderung eine passende Dampflokomotive zu finden. Aus einem Wettbewerb ging die leistungsfähige Engerth-Lokomotive hervor, welche als typische Semmering-Lokomotive Einsatz fand.

Inntalbahn (Rosenheim–Kufstein / Maximiliansbahn)

  • Land: Deutschland
  • Eröffnung: 1858
  • Länge: 32 km
  • Max. Höhe: 483 m
  • Max. Steigung: 7‰

Die Inntalbahn bildet den deutschen Streckenabschnitt der Verbindung zwischen Rosenheim und Innsbruck. Die 32 km lange Strecke von Rosenheim bis nach Kufstein an der österreichischen Grenze ging 1858 in Betrieb und ist Teil der Bayerischen Maximiliansbahn. Der kurze Streckenabschnitt verläuft durch das relativ flache Gelände des Inntals.

Unterinntalbahn

  • Land: Österreich
  • Eröffnung: 1858
  • Länge: 75 km
  • Max. Höhe: 582 m
  • Max. Steigung: 27‰

Die Anschlussstrecke auf österreichischer Seite ist vertraglich geregelt und so führt die im selben Jahr eröffnete Unterinntalbahn die Route von Kufstein nach Innsbruck über eine Distanz vom 75 km fort. Die Verbindung stellte damals die erste westösterreichische Eisenbahnstrecke dar. Der Streckenverlauf überwindet mit einer Steigung von 27 ‰ deutlich größere Höhen. 

Die beiden von Ost nach West verlaufenden Strecken liegen in der TEN-Achse Berlin-Palermo und sind von großer Wichtigkeit. Zudem wird südlich von Innsbruck der Brennerbasistunnel gebaut, weshalb die Inntal- und Unterintallbahn als Zubringer fungieren. Um die Kapazität zu erfüllen ist ein Ausbau der Strecken geplant oder wurde teilweise bereits vollzogen. 

Arlbergbahn

  • Land: Österreich
  • Eröffnung: 1884
  • Länge: 137 km
  • Max. Höhe: 1.131 m
  • Max. Steigung: 31‰

Die Arlbergbahn ist eine weitere wichtige österreichische Bahnstrecke welche sich der Unterinntalbahn ab Innsbruck über eine Distanz von 137 km in westliche Richtung bis Bludenz nahe der Grenze zu Liechtenstein anschließt. Einst eingleisig gebaut, hat man die Strecke zu einem späteren Zeitpunkt teils zweigleisig ausgebaut. Kernstück ist der knapp 10,5 km lange Arlbergtunnel, welcher seit der Eröffnung der steilen Strecke im Jahr 1884 Bestandteil der Arlbergbahn ist. 



Brennerbahn

  • Land: Österreich / Italien
  • Eröffnung: 1867
  • Länge: 275 km
  • Max. Höhe: 1.371 m
  • Max. Steigung: 25‰

Die Brennerbahn stellt seit 1867 eine Verbindung zwischen Österreich und Italien dar. Von Innsbruck führt die Strecke 257 km teils unter überhängenden Felswänden hindurch nach Süden über Bozen bis nach Verona und passiert hierbei den Brennerpass. Wie die Unterinntalbahn ist die Brennerbahn ebenfalls Teil der Berlin–Palermo–Achse. Eines der wichtigsten und größten Ausbauprojekte der Strecke ist der Brennerbasistunnel. Der 55 km lange Tunnel unterhalb des Brennerpasses soll im Jahr 2028 eröffnet werden und die Kapazität und Geschwindigkeit deutlich erhöhen. Zudem kann der Güterverkehr, welcher zurzeit überwiegend auf dem Straßenverkehr liegt auf die Schienen verlagert werden. 

Gotthardstrecke

  • Land: Schweiz / Italien
  • Eröffnung: 2016
  • Länge: 173 km
  • Max. Höhe: 549 m
  • Max. Steigung: 7‰
  • Basistunnel

Die Gotthardstrecke verbindet seit 1882 das schweizerische Immensee, nahe Luzern mit dem italienischen Chiasso. Die Verbindung über den Gotthard ist eine der wichtigsten Routen für den Alpentransit, weshalb man sie 2016 durch einen Basistunnel ausbaute. Aus diesem Grund muss man zwischen der alten und der neuen Streckenführung unterscheiden. Die Gotthardbahn von 1882 überwand auf 206 km enorme Höhen und passierte den 15 km langen Gotthardscheiteltunnel, das Herzstück der Strecke. Aber noch weitere Tunnel und etliche Brücken prägen den Verlauf dieser berühmten Strecke. Nur mit Hilfe vieler Kehren, Kehrtunneln und Spiraltunneln war es möglich die enorme Steigung von 26 ‰ zu überwinden – eine wahre Meisterleistung der damaligen Zeit. Spezielle Lokomotiven wurden zudem benötigt um der Anforderung gerecht zu werden. Das wohl bekannteste Modell ist das achtachsige „Krokodil“. 

„Krokodil“

Mit Einweihung des 57 km langen Basistunnels durch das Gotthardmassiv verkürzte sich die Gotthardstrecke um knapp 35 km und es gilt nur noch ein Gefälle von 7 ‰ zu überwinden. Für den Transitverkehr ist dieser Ausbau von enormer Wichtigkeit. Die alte Strecke ist zur Ausweichstrecke geworden, bleibt aber insbesondere aus historischen und touristischen Gründen von großer Bedeutung.

Lötschbergstrecke

  • Land: Schweiz
  • Eröffnung: 2007
  • Länge: 64 km
  • Max. Höhe: 828 m
  • Max. Steigung: 15‰
  • Basistunnel

Die schweizer Lötschbergstrecke von Spiez bis Brig war 2007 der erste Bahnabschnitt der Alpen welcher durch einen Basistunnel ausgebaut wurde. Zuvor wurde die Bergstrecke seit ihrer Eröffnung im Jahr 1913 durch den Lötschbergscheiteltunnel geprägt. Die Strecke ist besonders durch ihr Panorama, die Tunnel und Brücken sehr bekannt. Die ursprüngliche Lötschbergstrecke wurde zunächst einspurig gebaut aber von Anfang an Doppelspurig ausgelegt, weshalb man sie dann später komplett ausbaute. Heute wird die flachere Basistunnelstrecke weitaus intensiver genutzt, die alte Strecke bleibt jedoch weiterhin bestehen. 

Simplonstrecke

  • Land: Schweiz / Italien
  • Eröffnung: 1906
  • Länge: 233 km
  • Max. Höhe: 807 m
  • Max. Steigung: 25‰

Die 1906 eröffnete Simplonstrecke beginnt in Vallorbe, im Westen der Schweiz an der französischen Grenze und führt 233 km westlich bis ins italienische Domodossola. Bis heute ist sie ein wichtiger Infrastrukturabschnitt des Landes. In Brig läuft die von Anfang an elektrifizierte Strecke an der Lötschbergstrecke vorbei zum Simplontunnel, der bis in die 1970er Jahre der längste Gebirgstunnel der Welt war. Zudem bildete die Simplonstrecke einen Teil der Route des Simplon-Orient-Expresses von Paris nach Istanbul. 

Mont-Cenis-Bahn

  • Land: Frankreich / Italien
  • Eröffnung: 1871
  • Länge: 140 km
  • Max. Höhe: 1.338 m
  • Max. Steigung: 30‰

Die französische Alpen wurden im Vergleich zum Rest des Landes erst spät per Eisenbahn erschlossen. Die 1871 eröffnete Mont-Cenis-Bahn ist jedoch bis heute eine wichtige transalpine Strecke, die Lyon und Turin miteinander verbindet. Auf französischer Seite wird der Abschnitt von Chambéry bis zur italienischen Grenze auch als Maurienne-Strecke bezeichnet. Die italienische Etappe bis Bardonecchia ist als Fréjus-Bahn bekannt.

Mit der Inbetriebnahme der Mont-Cenis Strecke ging im selben Moment die Einweihung des Mont-Cenis-Tunnels, dem ältesten Eisenbahntunnel der Alpen einher. Während der Bauarbeiten der Strecke und des Tunnels wurde kurzzeitig eine provisorische Route über den Pass betrieben, welche ebenfalls als Mont-Cenis-Bahn bezeichnet wurde. Man rechnete mit längeren Bauzeiten, weshalb die enorm steile Strecke eingerichtet wurde und insbesondere für den Briefverkehr Englands mit seinen indischen Kolonien diente. Mit Eröffnung der heutigen Strecke wurde die alte Route stillgelegt. 

Tendabahn

  • Land: Frankreich / Italien
  • Eröffnung: 1928
  • Länge: 99 km
  • Max. Höhe: 1.040 m
  • Max. Steigung: 25‰

Eine weitere faszinierende französisch-italienische Bahnstrecke ist die einspurige Tendabahn, welche von Ventimiglia bis Cuneo die Seealpen und das Colle di Tenda überquert. Zudem ist die 1928 eröffnete Bahn Verbindungsstrecke zwischen Nizza und Turin. Aufgrund der Grenzlage und Ereignissen wie dem Ersten Weltkrieg, zog sich die Bauzeit über ganze 50 Jahre. Die unglaublich schöne Gebirgsstrecke ist durch über 80 Tunnel und etliche Brücke die bis zu 60 Meter hoch sind geprägt. Mit über 1.000 Höhenmetern überwindet die Tendabahn einen Höhenunterschied wie fast keine andere Bahnstrecke in Europa. Durch die Hanglagen ist die Route durch Bergrutsche und Steinschläge stark gefährdet, sodass sich die Gleise teils verformen oder nicht schneller als 10 km/h gefahren werden darf. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Strecke teilweise zerstört und musste wieder neu aufgebaut werden. Mittlerweile wird die Tendabahn auf französischer Seite gar nicht mehr für Güterverkehr genutzt, sondern ist ausschließlich durch Lokalverkehr befahren. 


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