Die besinnliche Zeit des Jahres steht wieder vor der Tür: Die Advents- und Weihnachtszeit. Hier lebt jede Familie ihre Gepflogenheiten. Vom Adventskranz, Adventskalender und Tannenbaum über Plätzchen backen bis hin zum Nikolausstiefel. All das sind weit verbreitete Traditionen der Advents- und Weihnachtszeit. Im Alpenraum gibt es jedoch weitere, lokalspezifische Bräuche und Traditionen, von denen wir euch in diesem Beitrag einige vorstellen möchten.
Der Krampus (oder auch Kramperl, Bartl)
Am 6. Dezember freuen sich jährlich Kinder auf der ganzen Welt auf den Nikolaus, der die braven Kinder mit Schokolade, Mandarinen und Nüssen beschenkt. In der Alpenregion hat der Nikolaus noch seinen Begleiter Krampus im Gepäck, welcher die unartigen Kinder mit seiner Rute bestraft. Aber auch Erwachsene bleiben nicht immer verschont, denn der Krampus achtet traditionell auch darauf, dass die guten Sitten eingehalten werden. In Nord- und Westdeutschland ist diese Rolle mit Knecht Ruprecht vergleichbar. Im Gegensatz zu Knecht Ruprecht tritt der Krampus meist in der Gruppe auf.
Aber eigentlich hat der Krampus mit dem Nikolaus nichts zu tun. Die Gestalt des Krampus stammt aus der vorchristlichen Zeit und wurde erst später mit dem Nikolaus in Verbindung gebracht. Die Tradition hat ihren Ursprung in Österreich, aber sie ist auch in anderen Regionen des Ostalpenraums verbreitet, wobei es Unterschiede in den Kostümen der Schreckensgestalt gibt: Meist ist er mit zottigem, dunklem Fell gekleidet, an dem ein Schwanz befestigt ist. Auf dem Kopf trägt er eine furchteinflößende Maske mit schmerzverzerrtem Gesicht, herausgestreckter Zunge und Hörnern. Traditionell wird die Maske aus Linden- oder Zirbenholz geschnitzt. Am Kostüm befinden sich zahlreiche Glocken und über den Boden schleifende Ketten sorgen für eine unheimliche Atmosphäre.
Doch nicht nur im Aussehen unterscheidet sich die Krampus-Tradition, sondern auch in der Art und Weise, wie diese ausgelebt wird. In Osttirol, Kärnten und Salzburg finden am Krampustag, dem 5. Dezember, Krampusläufe statt. Während dies in Kärnten in Form von friedlichen Umzügen geschieht, werden in Salzburg die Zuschauenden nicht selten mit der Rute geschlagen. Am sehenswertesten gelten die Umzüge in Osttirol. In anderen Regionen gehen die Krampusse von Haus zu Haus oder es gibt direkte Auseinandersetzungen wie den Krampuswurf, eine Prügelei zwischen Krampussen und freiwilligen Personen aus dem Publikum. Beim Tischziehen versucht man, die Krampusse so lang wie möglich mit einem Holztisch auf Abstand zu halten.
Rauhnächte & Perchtenlauf
Ähnlich schaurige Gestalten sind die “Perchten”, welche jedoch nur im bayerischen und österreichischen Alpenraum vorkommen. Auf den ersten Blick mögen die Perchten und Krampusse ähnlich aussehen. Während die Maske des Krampus einem Menschen nachempfunden ist und nur ein Hörnerpaar besitzt, ahmen die Masken der Perchten tierische Gestalten nach und haben mehrere Hörner. Doch auch in den Funktionen unterscheiden sie sich. Denn Perchten treten während den Rauhnächten zwischen dem 21. Dezember und dem Dreikönigstag auf und sollen die bösen Naturgeister vertreiben.
Trotz ihres unheimlichen Aussehens haben sie also eine positive Funktion. Sie waren früher ein Zeichen für den Erfolg der kommenden Ernte, Fruchtbarkeit und Glück und brachten mit ihren Fackeln Licht ins Dunkel.
Der Brauch der Perchtenläufe ist eng verbunden mit den Rauhnächten, zwischen dem 21. Dezember und dem 6. Januar. Die sogenannten “Zwölf heiligen Nächte” stehen jeweils für einen Monat des folgenden Jahres. Diese Nächte wurden mit Geisteraustreibung und Wahrsagen in Verbindung gebracht. So versuchte man in dieser Zeit durch Räuchern oder Lärm die Geister zu vertreiben.
Heutzutage werden Krampus- und Perchtentraditionen jedoch teilweise vermischt. So gibt es teilweise gemeinsame Umzüge, welche sich nicht mehr nach dem Krampustag oder der ersten Rauhnächte richten, sondern bereits im November stattfinden. Während früher an den einzelnen Türen im Dorf Halt gemacht wurde, ist die Tradition heute an vielen Orten zu großen Events mit lauter Heavy-Metal-Musik und Lichtspektakel geworden. Diese Entwicklung finden nicht alle Fans der Tradition gut.
Damit die Events friedlich verlaufen, gibt es Regeln. So darf nur unterhalb des Knies geschlagen werden und die Teilnehmenden verzichten freiwillig auf Alkohol. Manchmal ist dies von der Organisation auch vorgegeben und Absperrungen und Ordnungspersonal sorgen für Abstand. Dennoch gibt es jährlich Meldungen von verletzten Zuschauenden, was die Kritik an den anonymen Personen hinter den Masken aufflammen lässt. Gleichzeitig werden aber auch Zuschauende aggressiv gegenüber Krampussen und Perchten. Sie provozieren oder ziehen an den Hörnern der mehreren Kilo schweren Maske. Aufgrund des Gewichts und des kleinen Sichtfensters der Masken sind diese Angriffe nicht ungefährlich. Trotz der vielen Berichte verlaufen die meisten Umzüge jedoch friedlich.
Klöckeln
Im Gegensatz zum Krampus muss man vor den Klöcklern keine Angst haben. Das “Klöckeln” – übersetzt “Anklopfen” – war einst eine im gesamten Alpenraum verbreitete Tradition. Die ursprüngliche Form wird heute jedoch nur noch im Sarntal, in Norditalien, gelebt. In den Klöcklnächten, drei Donnerstagabende vor Weihnachten, zieht eine vermummte Gruppe mit Bockshorntuten und Schellen lautstark von Haus zu Haus, bittet um Gaben und singt dabei zwei traditionelle Lieder: das Klöckllied und das Danklied. Dabei klopfen sie vor allem bei wohlhabenden Haushalten. Wesentlicher Bestandteil der Gruppe sind “Zuslmandl” und “Zuslweibl”. Da der Brauchtum nur für Männer vorbehalten ist, repräsentiert ein verkleideter Mann das “Zuslweibl”. Lässt man das streitende Ehepaar samt Gefolge, auch “Kutt” genannt, herein und bewirtet sie mit einem Schnaps, bringt das kommende Jahr Glück.
In anderen Regionen des Alpenraums werden abgewandelte Varianten der Tradition durchgeführt. Im Berchtesgadener Land beispielsweise sammeln Kinder mit Flöten musizierend an den Türen Geldspenden für wohltätige Zwecke.
Weihnachtsschützen
Eine Tradition des Berchtesgadener Landes sind die Weihnachtsschützen. Der Ursprung der Tradition liegt im heidnischen Lärmbrauchtum. Ziel war es, durch Lärm die dunkle und kalte Jahreszeit zu vertreiben. Seit dem 19. Jahrhundert wird dies mit Handböllern durchgeführt. Im späten Mittelalter sollte der Brauch verboten werden, um Wilderei zu verhindern. Da dies nicht funktionierte, gab man der Schießerei einen christlichen Zweck: Mit den Böllern sollte das Christkind begrüßt werden. In der Woche vor Heiligabend sind täglich um 15 Uhr die Schüsse zu hören. Ende des Weihnachtsschießens ist am Heiligabend zwischen halb zwölf und Mitternacht. Zu Silvester verabschieden die Weihnachtsschützen erneut um 15 Uhr das Jahr und begrüßen das Neue zwischen 24 und 0:15 Uhr.
Diese jahrhundertealten Bräuche sind meist nur Männern vorbehalten. Während sich Krampus und Perchtenläufe zunehmend für Frauen öffnen, ist die Tradition des Klöckeln und die der Weihnachtsschützen immer noch auf Männer begrenzt. Insbesondere in den letzten 100 Jahren mussten sich Frauen ihre gesellschaftliche Teilhabe erkämpfen. Während sie in politischen und rechtlichen Bereichen schon große Schritte in Richtung Gleichberechtigung erreicht haben, sind in solchen Traditionen noch Lücken zu vermerken.
Dennoch ist es beeindruckend, dass in der Alpenregion noch viele Traditionen gelebt werden und so nicht in Vergessenheit geraten. Gemeinsam die dunkle Jahreszeit zu vertreiben und sich Glück und Gesundheit zu wünschen, ist ein schönes Symbol, das in der Adventszeit stärker in den Fokus rücken sollte.